während der heutigen quälerei auf dem rückschlagspiel-platz des vertrauens und der dazugehörigen verschnaufpause kam die interessante frage nach einer definition von glück und schönheit auf. während des gedankenjonglierens stellte sich mir dann die frage, ob man glück nicht auch mathematisch fassen und zumindest ansatzweise erklären könnte. von der schönheit weiß man ja zumindest, dass es da mathematische bzw. naturwissenschaftliche erklärungsansätze gibt, daher soll dies hier erst einmal keine rolle spielen. (obwohl es auch da sehr interessante phänomene gibt, wie beispielsweise die versuche die schönheit über komplexität, hier meist besonders theoretisch über die kolmogorow-komplexität zu erklären. dazu jedoch später vielleicht einmal mehr.)
eine kurze recherche daheim brachte in der tat den einen oder anderen link zutage, wurde jedoch schnell sehr breit und endete in einem leichten wirrwarr. das liegt vor allem daran, dass es zahlreiche und verschiedenste definitionen und herangehensweisen zum thema glück gibt. angefangen in der griechischen philosophie (in der der athenische staatsmann solon beim besuch des lyderkönigs kroisos eben jenem bestätigen soll, dass dieser der glücklichste mensch auf der erde sei), über die glückseligkeit in aristoteles‘ nikomachischer ethik (als eine art der schau des göttlichen), den lustlehren des antisthenes und epikurs, der glücksdefinition bei thomas von aquin (glück als letztziel des menschen, der sich in seinem handeln verwirklicht und sein handeln dabei auf ein ziel ausrichtet, welches zugleich das für ihn positive bzw. gute ist – siehe hierzu die “summa theologia“), bis hin zu neuzeitlicheren glückskonzepten wie sie in immanuel kants pflichtethik, im utilitarismus nach jeremy bentham, oder in der analytischen philospophie von georg henrik von wright zu finden sind.
es gibt allerdings wenige mathematische herangehensweisen an dieses überbordende thema. beispielsweise sind da die empirischen herangehensweisen, also die maßgeblich sozialwissenschaftlich geprägten methodiken der beobachtung und befragung, welche in aller regel zu so etwas wie dem happy planet index oder der world database of happiness führen. eine weitere eher semi-mathematische herangehensweise ist die berechnung eines finanziellen gegenwertes dem wir dem glück als kaufkraft entgegenstellen würden. auch das von francis hutcheson aufgeworfene prinzip des “größten glücks der größten zahl” könnte man als eine quasi-mathematische annahme betrachten, die dann später von jeremy bentham und auch stuart mill in ihrem utilitarismus aufgegriffen und fortentwickelt wurde (nach bentham muss “…jene handlung als ethisch wertvollste beurteilt werden, die das größtmögliche glück für die größtmögliche anzahl menschen erzielt. [er] war der Ansicht, dass man für jeden einzelnen den individuellen lustgewinn errechnen und von dem individuellen gratifikationswert auf den kollektiven gratifikationswert schließen könne.”).
alles in allem gibt es jedoch (wahrscheinlich berechtigterweise) recht wenige versuche das glück in eine formel zu fassen. tatsächlich habe ich aber 3 formeln gefunden, die genau dies (mehr oder weniger abstrakt und auch mehr oder weniger ernst versuchen).
zunächst wäre da die formel einiger britischer wissenschaftler, unter denen auch die psychologin carol rothwell und der life coach (!) peter cohen waren. auf basis einer befragung von ca. 1000 personen (diese mussten aus 80 situationen fünf szenarios auswählen, die sie glücklicher und weniger glücklicher machen) entwickelten sie die folgende formel:
happiness = p + 5e + 3h
dabei steht in dieser formel “p” für die persönlichen charakteristiken und einstellungen (lebensauffassung, anpassungsfähigkeit und belastbarkeit); “e” steht dabei für die existenziellen faktoren (gesundheit, freundschaften und finanzielle stabilität); “h” repräsentiert schließlich die faktoren höherer ordnung (selbstwertgefühl, erwartungen und ambitionen). die auswahl der faktoren dürfte hier doch recht willkürlich getroffen worden sein und so verwundert auch das ergebnis wenig:
sunny weather, being with family and losing weight were more of an influence on women’s happiness, while romance, sex, hobbies and victories by their favourite sports teams were more important to men… the findings show that certain events, such as job promotion, can impact positively on your overall happiness.
diese ergebnisse dürften erst recht wenig vor dem hintergrund verwundern, dass die studie von einem touristikunternehmen in auftrag gegeben wurde. quelle: cnn.com
die zweite, vielleicht schon etwas wissenschaftlichere formel lässt sich in einer studie mit dem namen “money, sex and happiness: an empirical study” aus dem jahre 2003 finden. diese bringt das level des glücks mit verschiedenen faktoren wie geld, heirat und auch der frequenz von sex in verbindung. das level des glücks ist also eine funktion der variablen (einkommen, familienstatus, gesundheit, sexfrequenz…). legt man nun eine lineare beziehung zugrunde, kann man die funktion folgendermaßen schreiben:
happiness = c1(einkommen) + c2(familienstatus) + c3(gesundheit) + cn(xxx) …
wobei c1, c2, c3, etc. die koeffizienten der einzelnen faktoren sind. die maßgebliche idee hinter dieser formel war “to use the relative coefficients of income and life events … to calculate a monetary ‘compensating amount’ for each kind of life event”, so erläutern zumindest die urheber. quelle: the mathematics of happiness by a. mukerjee
die spannendste der 3 gefundenen formeln aber ist die von wilhelm ostwald. als chemie-nobelpreisträger 1909 und selbsternannter physiker versuchter glück durch ein formel zu erklären, die der mathematischen beschreibung des energieerhaltungssatzes sehr ähnlich war. ostwald definierte glück wiefolgt:
glück = e2 – w2 = (e+w) (e-w)
in dieser formel steht das “e” für die mit absicht und erfolg aufgewandte energie steht und das “w” für die mit widerwillen aufgewandte energie. die schon seltsam aussehende formel wurde noch im selben jahr von ludwig boltzmann, einem wiener physiker, der ostwald privat durchaus freundschaftlich gewogen war, heftig angegriffen und schlussendlich auch widerlegt. boltzmann bemängelte vor allem die durch die formel vorausgesetzte proportionalität zwischen der physikalisch aufgewandten energie e+w und der willensstärke, die er eigentlich nur als das auslösende agens sah, dessen intensität im folgenden umsatz jedoch keine proportionalität aufwies. boltzmann brachte das beispiel, dass man mit geringer energie eine verhängnisvolle reaktion in gang setzen kann, ebenso aber auch mit viel energie nur eine unscheinbare reaktion auslösen kann. schließlich kommt er zu der auffassung, dass ostwalds formel nichts anderes sagen würde als
…dass wir uns umso glücklicher fühlen, je mehr (e) unserm willen gemäß und je weniger (w) gegen unsern willen geschieht…,
…die formel sagt ja nur 1. sei energisch und 2. sieh zu, dass alles deinem willen gemäß verläuft…soviel weiß jedermann auch ohne mathematische formel,
…der faktor (e+w), also die behauptung, dass sich energischere menschen im glücke glücklicher, im unglücke unglücklicher fühlen, das dürfte auch gerade keine epoche machende entdeckung sein.
quelle: peter maria schuster “und was geschieht mit dem licht? physiker, dichter und andere reisende – essays.”, 2006, seiten 114-115.
man dürfte also sehen, dass der rückfall in das strikt formale nicht immer möglich, hilfreich, oder ratsam ist. manchmal sieht man die wahre logik nicht durch algebraische formeln nicht, dann ist es ratsam sich aller syllogismen und aller philosophischen worthülsen zu entledigen. und was bleibt im falle des glücks? vielleicht schalten wir das herz mal wieder ein.